Freitag, 15. Mai 2015

Die AfD auf dem Zerreißbrett


Die AfD auf dem Zerreißbrett

Die teils wenig authentisch anmutenden Versuche des Parteivorsitzenden der AfD Bernd Lucke die Gefolgschaft auf eine gemeinsame Linie zu bringen, könnten schließlich auch seinen eigenen Kopf kosten. Zwischen vorgehaltener Hand sprechen die Akteure von seinem Ausscheiden von der großen Bühne, doch ist dem wahrlich so? Was wäre die zerstrittene Partei ohne Bernd Lucke? Im großen Handgemenge um den thüringischen Fraktionsvorsitzenden Höcke und seinen dubiosen Äußerungen im Hinblick auf die NPD haben unsäglichen Unmut in der Parteispitze heraufbeschworen. Lucke will ihn schnellstens weghaben, womöglich auch ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn einleiten. Somit verfolgt Lucke auch weiterhin sein anvisiertes Ziel der Partei ein bürgerlichen Gesicht zu verleihen, doch die Münze hat bekanntlich zweierlei Seiten. Die nationalliberalen Kräfte rund um Frauke Petry und dem nordrhein-westfälischen Landeschef Pretzell haben ihre Geschütze bereits ausgefahren. Wie lange will sich der zunehmend in Bedrängnis geratene Parteichef Lucke dies noch weiter bieten?


Der Rücktritt aus dem Parteivorstand habe dem EU-Abgeordneten Hans-Olaf Henkel, ehemals Präsident des BDI, keinen Applaus verschafft. Damit verlor Lucke einen schlagkräftigen Mitstreiter des wirtschaftsliberalen Flügels, wogegen es Frauke Petry sehr wohl gefallen habe, den seit Anbeginn nicht unumstrittenen Henkel aus dem Amt zu ekeln. Der ohnehin als nicht gerade standhaft gegoltene Henkel sei somit Lucke böse in den Rücken gefallen. Leider kommt vom wirtschaftsliberalen Flügel derzeit wirklich nicht mehr als heißes Gerede, daher scheint die Inszenierung des nationalliberalen Flügels als willkommenes Fressen für alle deutschnationalen Kräfte im Land. Lucke hat es verpasst den Kurs nach seinem Duktus vorzugeben, zu lange laviert und Petry, Gauland und Adam die Führung überlassen. Jene wittern jetzt Morgenluft, jedenfalls kein Wunder bei solch einer Amtsführung!

Petry und Pretzell greifen Lucke die Themen weg: Deutschland solle sofort den Euroraum verlassen, da es ansonsten gezwungen sei für andere Defizitsünder die Kassen aufzumachen. Dies würde den Staat eine Billion Euro Kosten (!), was einem Drittel der deutschen Einheit gleichkomme. Bliebe Deutschland dagegen weiter im Euro, wären die Kosten weitaus höher. Pretzell vertrat die Linie einer starken Nord-Süd-Achse, pocht nun aber auf einen ganzheitlichen Euro-Ausstieg. Nichts für ungut, aber Pretzell habe wohl das Projekt des Euro nicht hinlänglich verstanden!? Dass die Konzerne größtenteils an finanzieller Stärke, ungeachtet der Finanzkrise, dazu gewannen, liegt nicht am Euro, sondern an einem exorbitant an den Markt orientierten Kapitalismus. Wenn nun Pretzell den Euro infrage stellt, muss er sich zunächst einmal hinterfragen, ob das System an sich überhaupt noch taugt? In Zeiten sozialer Wohlfahrt und dem obrigkeitsdienlichen Auftreten des deutschen Bürgers ist Aufstand ohnehin nicht zu erwarten. Deswegen können die Strippenzieher rund um Kanzlerin Merkel, Bundesverteidigungsministerin von der Leyen und dem ehrenwerten Bundesinnenminister de Maizière tun und lassen was sie wollen! Die Informationen versickern im parlamentarischen Nirgendwo und keinen stört das wirklich. AfD versucht sich hingegen als Ventil für den aufgestauten Frust des Bürgers aufzuspielen, doch bei mickrigen 5 Prozent Wählerstimmen ist dies wahrlich nicht genug, um den Altparteien gefährlich zu werden.

Frau Petry sieht den Schengenraum als gescheitert an, da es angesichts der Osterweiterung Bulgariens und Rumäniens zu verschärfter Kriminalität geführt habe, nicht jedoch zu dem verheißungsvoll gepriesenen Handelswunder. Pretzell will eine engere Anbindung an Russland, ja sogar eine Freihandelszone von Lissabon nach Wladiwostok, was erwünschenswert ist, jedoch ganz den Merkel’schen Plänen zuwiderläuft. Jetzt ist Lucke gefragt die Partei auf Kurs zu bringen, ob er dies jedoch tatsächlich im Alleingang vollziehen kann, ist mehr als fraglich!

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