Dienstag, 4. Februar 2014

Erdogan in Berlin- Im Schatten des Korruptionsskandals


Erdogan in Berlin- Im Schatten des Korruptionsskandals

Heute soll der türkische Ministerpräsident Erdogan mit Kanzlerin Merkel, dem Bundesaußenminister Steinmeier und dem Vize-Kanzler Gabriel zusammenkommen. Das wichtigste Anliegen dürfte der potentielle EU-Beitritt der Türkei sein. Merkel hingegen pocht auf eine „privilegierte Partnerschaft“ mit der Türkei, die somit keinesfalls Teil der EU werden sollte. Wirtschaftlich gesehen dürfte ein Beitritt der Türkei positive Wirkungen nach sich ziehen, kulturell gesehen klaffen die Unterschiede jedoch arg auseinander. Überschattet wird Erdogans Besuch von dem teilweise höchst umstrittenen Korruptionsskandal, dem Erdogan durch Absetzung der Justiz zuvorgekommen ist. Es mehren sich Rufe, dass Erdogan mit seiner Offensive willkürlich verfahren und somit die Rechtstattlichkeit ausgehöhlt habe.

Der türkische Ministerpräsident wirbt unumwunden für einen baldigen EU-Beitritt der Türkei. Die wirtschaftlichen Fakten sprechen jedenfalls deutlich dafür, weswegen Kanzlerin Merkel wohlwollend von einer „privilegierten Partnerschaft“ redet. Man wolle mit der Türkei verhandelt und einen gemeinsamen ökonomischen Markt schaffen, das Land jedoch in die EU aufnehmen zu lassen, komme derzeit nicht in Frage. Zu groß sei die Gefahr einer Islamisierung Europas, die eine Integration weiter Teile der Bevölkerung unmöglich mache.

Die Opposition fordert von Merkel „klare Worte“, zumal Erdogan die Justiz eigenmächtig zwangsversetzt und somit die Aufarbeitung des Korruptionsskandals erschwert habe. Erdogans Rechtfertigung richtet sich dahingehend einem so genannten „tiefen Staat“ zuvorgekommen zu sein und beschuldigt seinen einstigen Weggefährten Fethullah Gülen an der Verschwörung tatkräftig mitgewirkt zu haben. Dass dieser Schritt rechtsstaatlichen Prinzipien zuwiderlaufe, ist dem AKP-Chef jedenfalls nicht unbekannt. Dafür erntet Erdogan berechtigte Kritik, will aber an seinem rigiden Kurs weiterhin festhalten. Erwähnenswert sei die Meldung am Rande, wonach Gülen von Erdogan Schmerzensgeld in Höhe von umgerechnet 30 000 Euro wegen Beleidigung und Hetze verlangt.

Die Wirtschaft Türkeis wächst mit einem erstaunlichen Tempo und ist zuweilen von der Krise weitestgehend verschont geblieben, womit sie sich zu einem El Dorado für Investoren geriert habe. Dabei darf, wie von dem renommierten US-amerikanischen Ökonomen Krugman treffend hervorgehoben, nicht vergessen werden, dass das Finanzkonglomerat eines Tages platzen könnte. In wirtschaftlich guten Zeiten bauscht sich die Spekulationsblase bedrohlich auf, mit der Konsequenz teurere Preise nicht mehr begleichen, geschweige denn die Kredite, die ins Land geflossen sind, wieder bedienen zu können. Im Vergleich zu hierzulande habe die Türkei eine deutlich höhere Inflationsrate von 7,5 Prozent, was den Druck auf die Wirtschaft aufs Neue befeuern sollte.

Ein EU-Beitritt dürfte die Geldströme, die derzeit verstärkt nach Deutschland fließen, in die Türkei umleiten. Demzufolge müsste Deutschland höhere Zinsaufschläge bieten, um die Investoren nach Deutschland zu ziehen. Der „sichere deutsche Hafen“ würde somit unterlaufen werden. Dem ungeachtet wolle man neue Absatzmärkte schaffen, womit die Türkei weiterhin ein lukratives Ziel sei.

Im Zuge des fortschreitenden Kulturkampfes hat Erdogan die Religion für seine Zwecke instrumentalisiert und den kemalistischen Laizismus obsolet erscheinen lassen. Die Nähe zur Religion solle ihm mehr Autorität verleihen. Nicht zu vergessen sei seine Rede in Deutschland im Jahre 2008, als er an die in Deutschland lebenden Türken verkünden ließ, sich nicht assimilieren zu lassen. Dieser Eklat tat der Integration der türkischen Gemeinde sicherlich keinen Segen. Weiterer Streitpunkt seiner geplanten Rede dürfte die von der CDU abgelehnte doppelte Staatbürgerschaft sein, wonach den Migranten derzeit ein Optionsrecht zusteht sich entweder für die deutsche oder die türkische Staatsbürgerschaft zu entscheiden. Wie dem auch sei, die Türkei bleibt ein wichtiger Partner Deutschlands.

 

 

 

 

 

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